Die neue Bundesregierung sieht sich mit erheblichen internationalen Herausforderungen konfrontiert. Zunehmende geopolitische Spannungen und neue geoökonomische Dynamiken, nicht zuletzt die Erosion der regelbasierten internationalen Ordnung selbst, erfordern eine zügige und umfassende Neuorientierung in den Außenbeziehungen über alle Politikbereiche hinweg. Gleichzeitig ist eine wirksame internationale Zusammenarbeit bei der Dekarbonisierung und im Umgang mit dem Klimawandel essenziell für Wohlstand, Wettbewerbsfähigkeit und Sicherheit. Dieses Briefing skizziert strategische Handlungsfelder, in denen die Bundesregierung im Rahmen von Deutschlands Außenbeziehungen Europa stärken und global wirksam agieren kann.
Die Regierungsparteien haben sich im Koalitionsvertrag sich zu einer integrierten Sicherheitspolitik bekannt, die Außen- und Verteidigungspolitik sowie Entwicklungszusammenarbeit zusammenführt. Gleichzeitig wird nationale und internationale Klimaschutzpolitik im Bundesministerium für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit zusammengeführt. Die Bundesregierung unterstreicht ihren Anspruch, politische Kohärenz und Handlungsfähigkeit auch unter sich wandelnden geopolitischen Bedingungen zu sichern.
Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem sich geopolitische und geoökonomische Machtverhältnisse tiefgreifend wandeln. Parallel sehen sich multilaterale Institutionen einem Vertrauensverlust gegenüber und stehen vor der Frage, ob sie angesichts dieser Herausforderungen zukünftigen Aufgaben gerecht werden können.
Vor diesem Hintergrund gewinnt die Gestaltung der globalen Dekarbonisierung ebenso an Bedeutung wie ein entschlossener Umgang mit den Folgen des Klimawandels an Relevanz. Sie können die geopolitische Position Deutschlands und der EU stärken, zu langfristiger Stabilität im Welthandel beitragen, die Risiken fossiler Abhängigkeiten reduzieren, die Chancen globaler Dekarbonisierung nutzen und zur Glaubwürdigkeit multilateraler Zusammenarbeit beitragen.
Die Bundesregierung sollte daher einen integrierten, strategischen Ansatz in der Gestaltung von Deutschlands Außenbeziehungen verfolgen – unter Einbeziehung geoökonomischer und geopolitischer Überlegungen. Dieser sollte die folgenden strategischen Handlungsfelder miteinander verknüpfen:
- Die geopolitische Handlungsfähigkeit der EU stärken – durch eine mit den Mitgliedsstaaten koordinierte EU-Außenpolitik, strategische Partnerschaften und eine integrierte Strategie für Wachstum und Dekarbonisierung. Dazu zählen die Ausweitung fiskalischer Spielräume, gezielte strategische Investitionen für die Transformation und klare Signale für eine ambitionierte EU-Klimapolitik, insbesondere im Kontext der Diskussion um das 2040-Ziel und des EU-Klimaschutzbeitrags (NDC) im Rahmen des Pariser Klimaabkommens, welcher im September 2025 eingereicht werden sollte.
- Die Dekarbonisierung und Resilienz der Weltwirtschaft gegenüber Klimafolgen aktiv mitgestalten – insbesondere durch den gezielten Ausbau außenwirtschaftlicher Beziehungen, strategische Partnerschaften und Netzwerke, Investitionsanreize für klimaneutrale Technologien, Produkte und Dienstleistungen in Partnerländern sowie durch die Berücksichtigung von Klimarisiken in Förderinstrumenten. Neben den konventionellen Instrumenten gilt es in diesem Bereich aber auch, innovativere Formate wie Clean-Tech Cluster und internationale Innovations-Ökosysteme einzusetzen.
- Deutschland und die EU als bevorzugte Handels- und Kooperationspartner für Drittstaaten und Unternehmen positionieren – insbesondere im Clean-Tech-Sektor. Möglich ist das u.a. durch die Stärkung der WTO, die Berücksichtigung von Klimarisiken in der Exportförderung, die diplomatische Begleitung von Instrumenten wie dem europäischen CO2-Grenzausgleichmechanismus (CBAM), sowie durch strategische Kooperation mit zentralen Schwellenländern und Regionen.
- Die globale Umstellung auf erneuerbare Energien gestalten – durch den Ausstieg aus fossilen Energiequellen und den Hochlauf sauberer Technologien in Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.
- Internationale Kooperationsformate stärken, etwa bi- und plurilaterale Partnerschaften und Dialoge wie die „Just Energy Transition Partnerships“, „Country Platforms“ zur verbesserten Steuerung von Multi-Stakeholder-Prozessen und den Klimaclub.
- Internationale Finanzströme und Kapitalmärkte auf die Transformation zu einer treibhausgasneutralen Wirtschaft ausrichten – u.a. durch tiefgreifende Mandatsreformen mit Fokus auf Klima und Resilienz sowie durch flexiblere Vergabebedingungen für Finanzhilfen in Klima- und Krisensituationen.
- Die Klimadiplomatie wirksam ausbauen – durch starke internationale Präsenz, klare Position gegenüber China als Schlüsselakteur und Partner beim internationalen Klimaschutz sowie durch Vorreiterallianzen wie z.B. das „Global Energy Transition Forum“. Die COP30 in Brasilien muss den Grundstein für die nächste Dekade internationaler Klimapolitik legen, institutionelle Reformen anstoßen und die Glaubwürdigkeit in die Effektivität des Pariser Klimaabkommens bewahren. Weitere Foren, wie G7/G20 -Treffen sowie die Tagungen von IWF und Weltbank, sollten stärker mit den Themen verzahnt werden (kohärentes Multi-Foren-Management).
Note: An English-language translation of the Executive Summary was added on 19 August 2025. See also the English-language landing page.