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Eine Gasstrategie für die europäische Energiewende

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Eine Gasstrategie für die europäische Energiewende

Dieser Artikel ist auch auf Englisch verfügbar

Der langfristige Erfolg der Energieunion hängt von den Infrastrukturentscheidungen ab, die jetzt getroffen werden. Welche neue Infrastruktur für fossile Brennstoffe benötigt Europa in Zeiten der Energiewende überhaupt noch? Ein neuer Bericht von E3G zeigt, dass eine vorausschauende Gasstrategie benötigt wird, um die Widersprüche zwischen der aktuellen Gaspolitik und der Energie- und Klimapolitik zu lösen.

Die Europäische Kommission entwickelt derzeit eine „EU-Strategie für Liquefied Natural Gas (LNG) und Gasspeicher“, die Anfang 2016 ins Leben gerufen werden soll. Sie soll vor allem Versorgungssicherheit herstellen und Versorgungsrouten diversifizieren. Um dies zu erreichen, braucht die EU ein stimmiges Konzept für LNG- und Gasinfrastruktur, welches die erheblichen energiepolitischen Herausforderungen Europas widerspruchsfrei löst.

Erstens muss Europa Versorgungssicherheit und Dekarbonisierung gleichzeitig sicherstellen. Mittelfristig können der Wechsel von Kohle zu Erdgas sowie die Verwendung von Gas als Kraftstoff im Verkehrssektor einen Betrag zu einer klimafreundlicheren Wirtschaft leisten. Allerdings um die langfristigen Klimaziele der EU bis 2050 zu erreichen, muss die EU jedoch die Verwendung aller fossilen Energieträger, einschließlich Gas, begrenzen und letztlich beenden. Eine europäische Gasstrategie muss daher klar definieren, wie der geplante Rückgang des europäischen Gasverbrauchs zu handhaben ist. Diese Strategie muss ein starkes politisches Signal senden, dass die EU es ernst mit der Verringerung ihrer Gasabhängigkeit meint und strategische Infrastrukturentscheidungen trifft, die damit im Einklang stehen.

Zweitens ist der existierende Binnenmarkt für Erdgas nicht dazu geeignet, bestehende Sicherheitslücken zu schließen. Angesichts des geltenden Rechtsrahmens ist es fraglich, ob die unausgelasteten Kapazitäten in Westeuropa tatsächlich verwendet werden würden, um Versorgungsengpässe im Osteuropa zu lindern. Eine europäische Gasstrategie muss besonderes Augenmerk auf die Mitgliedstaaten legen, die am anfälligsten für eine Unterbrechung russischer Gaslieferungen sind.

Drittens sehen sich europäische Verbraucher erheblicher Ungewissheit bezüglich der zukünftigen Gasnachfrage und –Preisentwicklung gegenüber. Europa hat mit seinen Gasprognosen in der Vergangenheit sehr oft danebengelegen. In den letzten Jahren wurde die Gasnachfrage chronisch überschätzt. Fehlprognose können dabei schwerwiegende Folgen haben. Mögliche Konsequenzen sind eine Verschwendung öffentlicher Gelder für kostspielige und letztendlich unnötige Projekte sowie die Schaffung von Pfadabhängigkeiten im Gasverbrauch, die die Klimaziele gefährden. Eine europäische Gasstrategie muss daher Maßnahmen definieren, die eine Verschwendung öffentlicher Mittel für unwirtschaftliche Projekte verhindern. Die kann nur durch eine vorausschauende und evidenz-basierte Infrastrukturpolitik erreicht werden. Dabei kann die Entwicklung neuer Kriterien helfen, die den ökonomischen, sozialen und geopolitischen Wert von Projekten besser bewerten.

Viertens sieht sich die EU neuen Herausforderungen im Bereich Energiesicherheit gegenüber. Seit dem Beginn der Ukraine-Krise hat sich die Versorgungssicherheitsstrategie der Europäischen Kommission auf Diversifizierung der Gasversorgung über verschiedene Importrouten konzentriert, die auf unterschiedliche Weise alle problematisch sind. Dabei ist die Zuverlässigkeit der Handelspartner sehr viel wichtiger als die Anzahl der Importrouten. Eine kohärente Gasstrategie muss daher die zunehmenden geopolitischen Risiken für Europa und seine Nachbarschaft durch präventive Außenpolitik reduzieren.

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